Sigrid Varduhn
Autorin | Schreibcoach | Erzählerin
Newsletter vom 23.10.2013

Schreiben wie gemalt

Liebe Sprachfreudige,

die Erntezeit kam … Drei Worte und dir steht ein Bild vor Augen oder vielleicht sogar ein kurzer Film. Allerdings habe das nicht ich gemalt. Ob du ein wogendes Weizenfeld vor dir siehst oder eine Wiese voller Apfelbäume, meinen sparsam gesetzten Rahmen hast du aufgrund deiner Erfahrungen und inneren Bilder gefüllt.

Je nachdem, wie konkret du die Bilder in deinen Texten „malst“, wird sich der Leser mehr deinen Beschreibungen anschließen oder mehr eigene Details hinzufügen.

4 Tipps zum Malen mit Wörtern:

1. Wer sieht was?
Ob du den Herbst aus der Sicht des Erzählers siehst oder mit den Augen einer Figur – die Wirkung ist eine andere. Ein Beispiel aus dem Roman „Die Räuberbraut“ von Margaret Atwood: „Charis sieht den Nebel, als sie aus dem Bett klettert … Der Nebel steigt von der Erde und den Sträuchern auf und tropft von dem alten Apfelbaum im hinteren Teil des Gartens. …  Immer noch hängen ein paar bräunliche vom Frost verfärbte Äpfel an den knorrigen Ästen …

2.
Beschreibung + Handlung

Beschreibungen können mehr als illustrieren oder einen Hintergrund abgeben. Im folgenden Beispiel aus dem Roman „Die Wand“ schildert Marlen Haushofer nicht nur die Sicht ihrer Hauptfigur auf den Herbst. Ein Detail – das Holz – bringt die Handlung voran, weil es eine Bedeutung für den Verlauf der Geschichte hat: „Nach dem großen Unwetter wurde es nicht mehr sehr warm. Die Sonne schien zwar, und mein Holz konnte trocknen, aber die Landschaft nahm plötzlich herbstlichen Charakter an.“        

3. Den Pinsel beim Besonderen ansetzen  
Goldenes Oktoberlicht, raschelndes Laub – das hat der Herbst alles. Noch mehr fällt „dein Herbst“ allerdings auf, wenn du das Besondere malst. Vielleicht ist der Herbst in deiner Geschichte besonders spät dran und die Bäume noch voller grüner Blätter, obwohl schon Erntedank gefeiert wird …

4. Schreiben für alle Sinne  
Riechen, schmecken, sehen, hören, fühlen – alle 5 Sinne zählen beim Schreiben wie gemalt. Stell dir eine Liste zusammen, was sich am Herbst alles mit den verschiedenen Sinnen wahrnehmen lässt. Aus deiner eigenen Perspektive – oder, wenn du schon an einer Geschichte dran bist – aus der Perspektive einer Figur.    

Herzliche Grüße

Sigrid

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