Sigrid Varduhn
Autorin | Schreibcoach | Erzählerin
Newsletter vom 09.07.2018

Schreiben mit allen Sinnen. Montags: genau hinhören

Hallo in die Schreibrunde,

das Schreiben mit und für alle Sinne beschäftigt mich schon seit vielen Jahren. Im besten Fall kann der Lesende fühlen, hören, riechen, sehen und schmecken, was in unseren Geschichten passiert. Das bedeutet allerdings auch, dass wir unsere Umgebung mit allen Sinnen erleben, um so darüber schreiben zu können.

In dem 2018 erschienenen Schreibratgeber “Achtsam schreiben” von  Sandra Miriam Schneider bin ich auf eine Schreibanregung gestoßen, den die Autorin „Meine 6-Sinne-Woche” nennt. Die Idee dabei: Sich an fünf Tagen der Woche je einem Sinn besonders zu widmen und am 6. Tag noch einmal allen zusammen. Diesen Impuls greife ich auf und so werden die nächsten Ausgaben vom Sprachlust-Newsletter dir Wahrnehmungs- und Schreibanregungen zu den verschiedenen Sinneskanälen liefern.

Zuerst kommt: das Hören. Interessanter Weise beginnt Sandra Miriam Schneider ihre Sinnes-Woche nicht mit dem Sehen (das ja in unserer Zeit ganz vorn steht), sondern mit dem etwas in den Hintergrund geratenen Hören. Deshalb gibt´s auch von mir diese Sprachlust an einem Montag mit …

Impulsen zum genauen Hinhören und Schreiben dazu:

a) Wie klingt ein Ort?

Setze dich für diese Schreibübung in einem Rhythmus deiner Wahl (zum Beispiel immer montags) an denselben Ort zur selben Uhrzeit hin und machen deine “Höraufnahme”. Oder du erklärst mal eine ganze Woche zur Hör-Woche und praktizierst diese Übung jeden Tag.  

Am besten schließt du die Augen dafür und achtest darauf, was im Vordergrund zu hören ist und auch, was etwas weiter dahinter. Sind Menschen zu hören oder Verkehrsmittel? Machst du Geräusche aus, die du nicht zuordnen kannst? Anschließend notierst du dir deine Eindrücke. Diese Übung schult zum einen das genaue(re) Hinhören, zum anderen macht es uns bewusst, wie unterschiedlich derselbe Ort klingen kann.

Du kannst dafür einen eher umtriebigen (und damit auch “lauteren”) Ort wählen, z.B. ein Fenster zur Straße hin. Oder du ziehst sich zurück, z.B. in den Wald, wo es ruhiger ist und die Unterschiede sich erst aus dem feineren Hinhören ergeben.

Eine Variante: Nimm dein “Hörbild” auch einmal zu verschiedenen Uhrzeiten auf, auch daraus  werden sich vermutlich Unterschiede in deinen Eindrücken ergeben.

b) Geräusche sammeln

Jetzt geht es ums gezielte Hinhören. Bei dieser Übung überlässt du es nicht dem Moment, was du hörst, sondern du entscheidest dich ganz bewusst dafür, bestimmte Geräusche einzufangen. Das kann ein Vogelkonzert sein, das Klimpern einer Tastatur oder eine murmelnde Unterhaltung im Hintergrund.

Auch hier kann es gut sein (wenn das gerade für dich passt), die Augen zu schließen. Höre genau hin, wie die Geräusche für dich klingen und wie Sie sich im Verlauf des Hörens weiterentwickeln. Fasse anschließend deine Eindrücke in einer Schreibskizze zusammen. So kannst du nach und nach immer mehr Geräusche in deine Sammlung einbringen.  

c) Auch beim Schreiben – Augen zu

Eine ergänzende Übung zu den beiden ersten Impulsen (wenn du das nicht sowieso schon getan hast). Mache nun die Notizen mit geschlossenen Augen. Setze dafür am besten so hin, dass du deine Schreibunterlage gut im Griff hast.

Die geschlossenen Augen sorgen dafür, dass wir uns im Schreibprozess noch mehr auf die Eindrücke konzentrieren können, die unsere Ohren einsammeln. Und keine Sorge, dass die Sätze beim handschriftlichen Schreiben hierbei kreuz und quer geraten. Entziffern lassen sie sich trotzdem hinterher fast immer noch.

Wer sich ganz besonders fürs Hören interessiert, dem sei an dieser Stelle ein Buch empfohlen, das es zwar nur noch antiquarisch gibt und das dennoch sehr empfehlenswert ist: “Ich höre also bin ich.” von Joachim-Ernst Berendt. 

Von mir hörst du jedenfalls das nächste Mal an einem Dienstag im August mit dem Thema: Schreiben mit und fürs Sehen.

Herzliche Grüße

Sigrid

Sigrid

Newsletter

Du möchtest über News und Termine auf dem Laufenden bleiben? Dann melde dich gern zu meinem Newsletter an. 
crossmenu