Sigrid Varduhn
Autorin | Schreibcoach | Erzählerin
Newsletter vom 07.08.2018

Schreiben mit allen Sinnen – Dienstag: der Seh-Tag

Liebe Schreibfreudige,

mit dem Newsletter im Juli habe ich die sechsteilige “Schreiben-mit-allen-Sinnen”-Reihe eröffnet. Die Idee dabei: sich an 6 Tagen der Woche je einem Sinn besonders zu widmen (inspiriert von einer Schreibanregung aus  “Achtsames Schreiben” von Sandra Miriam Schneider).

Nun sind wir beim Sehen angekommen. Dazu habe ich drei Schreibimpulse zusammengestellt. Mit einem davon  arbeite ich schon sehr lange, die anderen beiden sind jüngeren Datums, der zweite sogar ganz frisch. 

3 Impulse zum genauen Hinsehen und Schreiben dazu:

a) Was siehst du gerade?

Eine Schreibübung, die ich vor rund 20 Jahren in meiner Fortbildung zur Poesiepädagogin kennengelernt habe und die sich immer und überall einsetzen lässt – ob du im Park oder auf der Straße unterwegs bist oder auch auf Reisen.

Dabei legst du einfach alle 100 Schritte einen Stop ein und schaust dich um. Was fällt dir ins Auge, was gibt es gerade zu sehen? Dann machst du eine kurze Notiz und es geht weiter.

Zu Hause angekommen wertest du deine Fundstücke aus und lässt daraus zum Beispiel eine Impression, eine Collage, ein Gedicht oder auch eine kurze Geschichte entstehen.

b) Welche Farbe hat der Himmel heute?

Ich bin ja sehr für Cross-over und ans Schreiben denke ich eigentlich immer. Deshalb hat mich der “Himmelsschal” auf dem Strick!-Blog www.schoenstricken.de zu einer Schreibübung inspiriert.

Beim Stricken funktioniert es so: Man nehme die Wollfarben weiß, grau, hellblau und dunkelblau und schaue jeden Tag des Jahres in den Himmel. Je nachdem, welche Farbe der Himmel an diesem Tag hat, strickt man in dieser Farbe eine Reihe vor und eine zurück. Am Ende steht ein Schal, der die Farben des Himmels eines Jahres portraitiert.

So können natürlich auch Texte entstehen – über ein Jahr hinweg oder auch einen kürzeren Zeitraum. Wichtig ist nur, dass der Text in derselben Art und Weise wächst. Zum Beispiel durch täglich ein Wort oder einen Satz.

Auch das Objekt der Betrachtung sollte gleich sein. Zum Beispiel, indem du deine Stimmung an jedem Tag ganz kurz zusammenfasst oder einen Satz aufschreibst, den du an diesem Tag gehört hast. Oder indem du auch hier den Himmel portraitierst  –  nur eben in Worte gefasst.

c) Zoom und Perspektive – ganz nah bis Großaufnahme

Zoom und Sehen, das passt gut zusammen. Bei diesem Schreibimpuls gibt es außerdem das Thema Perspektive gleich mit dazu.

Im ersten Schritt, der Nah-Aufnahme, beschreibst du einen ganz alltäglichen Vorgang, die Details, aus der Ich-Perspektive. Zum Beispiel Zwiebeln schneiden oder Fahrrad aufpumpen. Oder etwas ganz anderes.

Im zweiten Schritt gehst du ein Stück weiter weg und wechselst außerdem die Perspektive. Nun beschreibst du in der 3. Person den- oder diejenige, die oder der dort gerade die Zwiebeln schneidet oder das Fahrrad aufpumpt.

Im dritten Schritt entfernst du dich noch weiter und nimmst nun auch noch den Schauplatz mit dazu. Welche Details aus der Umgebung werden in deiner Beschreibung wichtig, welche Figuren kommen eventuell dazu?

Dieser Impuls sensibilisiert zum einen dafür, wie wichtig das genaue Hinsehen ist. Zum anderen zeigt er durch die verschiedenen Textversionen auch die unterschiedliche Wirkung des Blickwinkels.

Im nächsten Newsletter Sprachlust – im September – wird es ums Schreiben mit dem Spür-Sinn geht.

Sigrid

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