Liebe Schreibfreundinnen, liebe Sprachfreunde,
Elke Heidenreichs Kürzestgeschichten-Roman „Alles kein Zufall” hat mich zu meiner neuen Workshop-Reihe inspiriert. Auch wiederum kein Zufall, dass ich angefangen habe, selbst eine ganze Reihe von biografischen Kürzestgeschichten zu schreiben.
Der Rahmen: meine Kindheit in West-Berlin, eine Mischung aus Familiengeschichte, 70iger Feeling und Inselstadt-Kuriositäten. 100 Geschichten habe ich fertig, ca. 150 sollen es fürs Buch werden. Die meisten nicht mehr als fünf, sechs Sätze lang.
Manche Geschichten fallen mir ganz schnell ein. Das sind die, die ich schon öfter einmal erzählt habe. Aber dann gibt es auch die Erinnerungen, die nur als knappe Bilder auftauchen: ein Ort, eine Atmosphäre, ein Gegenstand.
Also forsche ich noch ein wenig weiter in den Erinnerungen und versuche, Beziehungen herzustellen. Die Methode meiner Wahl dafür ist meist das Clustering. Also den Kernbegriff in die Mitte eines Blattes notieren und dann drumherum Ketten von Worten, die mir dazu einfallen.
Biografisches Schreiben – von der Erinnerung zur Geschichte kommen:
a) Von Karl May bis Walt Disney – Verbindungen durch die Zeit
Ich habe die Sammelhefte noch genau vor Augen. In die meine Schwester und ich die Walt-Disney-Bilder geklebt haben. Schneewittchens Zwerge mit ihren knubbeligen Mützen. Das zarte Bambi, wie es durch den Wald streift. Merlin beim Schwingen seines Zauberstabes. Dann fielen mir die Sammelalben meines Vaters ein. Mit den Bildern aus Afrika und Südamerika und Karl May. Er hat in den 50iger Jahren gesammelt. Und so habe ich in dieser Geschichte sein und unser Sammeln in Verbindung gesetzt.
b) Ein Albtraum und ein guter Traum – von ungleichen Paaren
Es gibt einen Traum, der mich seit meiner Kindheit begleitet, kein guter allerdings. Ich fahre in einem Fahrstuhl über das Dach hinaus und weiß nicht mehr, wo ich bin. Dann fiel mir ein, dass es noch einen guten Traum vom Fliegen gibt, in dem ich Anlauf hole und über die Dächer der Stadt fliege. Also sind beide in einer Geschichte gelandet. Unter dem (nicht verwunderlichen) Titel „Träume”.
c) Die roten Haare meiner Tante – vom Einzelnen zum Allgemeinen kommen
Die jüngere Schwester meiner Mutter ist 13 oder 14, als sie mit rot gefärbten Haaren nach Hause kommt. Vom Friseur. Großer Ärger. Dass sie sich das leisten konnte, lag daran, dass sie vom Wedding nach Ost-Berlin gefahren ist. Durch den Wechselkurs ist für die West-Berliner dort vor dem Mauerbau vieles viel billiger. Restaurants, Tanzen gehen und eben auch der Friseurbesuch. Meine Geschichte dazu trägt den Titel “Grenzgänger”.
Inspiriert? Kommst du selbst auch schon ins Erinnern? Wenn du mitschreiben magst – im Herbst finden die Schreibwerkstätten BIOgrafieGESCHICHTEN im Kunstgewerbehaus Berlin-Zehlendorf jetzt an Samstagnachmittagen statt.
Herzliche Grüße
Sigrid